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Konferenz zur zukünftigen Entwicklung der südkoreanisch-russischen Beziehung
Suche nach trilateraler Kooperation in Nordost-Asien

Atomkrise auf der koreanischen Halbinsel, territoriale Konflikte und historische Konfliktlinien zwischen China und Japan, Korea und Japan, und Russland und Japan, Konflikte über Exklusive Wirtschaftszonen und Luftraumüberwachungszonen… Nordost-Asien scheint eine explosive Mischung aus all diesen Konflikten zu sein. Gleichzeitig wächst der Handel zwischen den großen Mächten in der Region – Japan, China und Südkorea – und ebenso technologische Kooperation, Tourismus und akademischer Austausch.

Prof. Youn Ikjoong der Hallym University Korea, Projektdirektor

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Projekt für friedliche und fruchtbare Kooperation

Das Institute of Russian Studies der Hallym University of Graduate Studies, das Center for Eurasian and Central Asian Studies der Seoul National University, das Center for Asia-Pacific Studies of the Far Eastern Federal University of Russia und das Institute for Asian Studies and Regional Collaboration der Akita International University führten in dieser Situation ein politik-orientiertes Forschungsprojekt zwischen Korea und Russland durch. Gesponsert von der Korea Foundation, sucht das Projekt Wege der friedlichen und fruchtbaren Kooperation zwischen den beiden Ländern und in der Region.

Als Teil dieses Projekts wurde am 23. Januar 2018 in Akita International University ein ganztägiger Workshop mit führenden Wissenschaftlern aus Russland, Japan und Südkorea gehalten, und die Diskussion dieser Fragen voranzubringen. Die Projektdirektoren Prof. Youn Ikjoong (Hallym University of Graduate Studies) und Prof. Sergei Sevastianov (Far Eastern Federal University of Russia in Vladivostok) brachten führende Wissenschaftler zusammen, die über die Zukunft der Beziehungen in Nordost-Asien debattierten.

Der Präsident der Akita International University, Prof. Norihiko Suzuki, betonte in seiner Glückwunschrede das Ziel der Universität, noch mehr in die nordost-asiatische Region integriert zu sein.

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Über die aktuelle Atomkrise hinwegschauen

Die Konferenz wurde vom Konferenzdirektor Prof. Youn und Co-Direktor Prof. Sevastianov eröffnet.

Die Hauptrede hielt Prof. Yong-Chool Ha (University of Washington, USA) über die nordkoreanische Atomproblematik und Herausforderungen für die Zukunft Nordost-Asiens. Er forderte die Teilnehmer auf, über die aktuelle Atomkrise hinwegzuschauen; auf Herausforderungen für Nordost-Asien ausgehend von der Wirtschaft und Konflikten zwischen Ländern. Diese würden bald vorherrschen, nachdem die oberflächliche Einigkeit, herbeigeführt durch die Atomproblematik, zerbröckelt. Gleichzeitig sei die Atomkrise bedeutsam für die Nordost-Asien-Region, wo sie schon jetzt zu mehr Kooperation führe.

Prof. Kimitaka Matsuzato (University of Tokyo), der vor Kurzem ein Monograph über internationale Beziehungen in Nordost-Asien aus historischer Perspektive veröffentlicht hat, moderierte die erste Sitzung.

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Kritik an existierenden Problemen in koreanisch-russischen Beziehungen

Der erste Beitrag der ersten Sitzung war ein Blick auf die nordkoreanische Atomproblematik und THAAD von Dr. Dong-Joo Suh des Institute for National Security and Strategy, eine führende südkoreanische Expertenkommission mit Verbindung zu südkoreanischen Geheimdiensten.

Dr. Suh beschäftigte sich mit verschiedenen Themen mit Auswirkungen auf die russisch-koreanische Beziehung. Teilweise Themen, die im Interesse beider Länder liegen (wie die wirtschaftliche Entwicklung des russischen fernen Ostens), und teilweise Themen, bei denen die Meinungen auseinandergehen (wie THAAD). Der Schlüssel zur Problemlösung liegt in der Lösung des nordkoreanischen Atomproblems und die Öffnung Nordkoreas im Bezug auf internationale Kooperation.

Er schaute auch auf Sport-Diplomatie, also die bevorstehenden Olympischen Winterspiele in Pyeongchang, die FIFA-Weltmeisterschaft in Russland, die Olympischen Sommerspiele in Tokyo 2020 und die Olympischen Winterspiele in Beijing 2022. All diese Events könnten helfen, eine friedliche Stimmung zwischen den Ländern der Region - einschließlich Nordkorea - zu fördern.

Dr. Igor Tolstokulakov,Far Easter Federal University, gab einen russischen Blick auf die Situation auf der koreanischen Halbinsel.

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"Nordkorea sollte wie ein gleichwertiger Partner behandelt werden"

Die zweite Präsentation von Prof. Igor Tolstokulakov (Far Eastern Federal University of Russia) war ein russischer Blick auf die Situation auf der koreanischen Halbinsel. Er warnte, dass Nordkorea weder in naher Zukunft verschwinden, noch ein gescheiterter Staat wie Irak werden würde. Aus russischer Sichtweise sollte Nordkorea eher wie ein gleichwertiger Partner behandelt werden und in die Weltgemeinschaft zurückkommen dürfen. Dafür wäre auch eine aktive Teilnahme in Pyeongchang nötig. Laut Prof. Tolstokulakov ist die größte Herausforderung, die durch Nordkoreas Atomprogramm entsteht, nicht die Raketen oder Atomwaffen an sich, sondern eher das Wettrüsten in Nordost-Asien das sie auslösen, wie zum Beispiel THAAD. Er plädierte für engere Kooperation zwischen China, Russland, USA, Japan und Südkorea um einen gemeinsamen friedlichen Standpunkt gegenüber Nordkorea zu finden. Sanktionen würden bei Nordkorea nicht funktionieren, sondern ein gemeinsames Angebot zu Entwicklung sollte Nordkorea unterbreitet werden.

Die dritte Präsentation von Dr. Sung-Kyu Lee (Korea Energy Economics Institute) beschäftigte sich mit wirtschaftlichen Aspekten der koreanisch-russischen Kooperation, ins Besondere Energiethemen. Er stellte die Idee eines Russland-Korea-Freihandelsgebiets vor und referierte über die Kooperation in den Sektoren Öl und Gas. Schließlich diskutierte er die "Neue Nordpolitik" der Moon Jae In Regierung, die eine notwendige Re-Fokussierung der internationalen Beziehungen Südkoreas mit sich brachte.

Woher kommt das Handelsungleichgewicht? Prof. Marina Kukla, Far Eastern Federal University, analysierte russisch-koreanische Handelsbeziehungen.

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Höchst unbalancierter Handel

Die letzte Präsentation dieser Sitzung hielt Dr. Marina Kukla (Far Eastern Federal University) über russisch-koreanische Handelsbeziehungen. Das Hauptproblem der Handelsbeziehungen ist der höchst unbalancierte Handel zwischen den beiden Ländern, mit einem wachsenden koreanischen Handelsdefizit, sowie ein großer Grad an inter-industriellem Handel, wobei koreanische Exporte hauptsächlich im Bereich produzierte Ware zu finden sind, und russische Exporte eher im Bereich Rohmaterialien, hauptsächlich Öl und Gas. In Zukunft wird Service-Handel zwischen den beiden Ländern wichtiger werden. So zum Beispiel Tourismus, darunter medizinischer Tourismus von Russland, mit Hilfe von gegenseitiger Visumfreiheit. Die Verbesserung der Warenexport-Infrastruktur Russlands und ein Freihandelsabkommen könnten beiden Seiten helfen, bilateralen Handel zu steigern.

Auf die Präsentationen folgten drei Diskussionen von Prof. James Brown (Temple University in Japan), Prof. Paul Richardson (University of Birmingham in GB) und Prof. Kevin Hockmuth (Akita International University). Es folgte eine intensive Debatte, die die Meinungsunterschiede russischer, US-amerikanischer und südkoreanischer Strategien in der Region aufzeigte.

Paul Richardson, University of Birmingham, während seiner Diskussion.

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Der "Nordkorea-Faktor"

Die zweite Sitzung, moderiert von Prof. Sevastianov, analysierte "Jüngste Entwicklungen in russisch-japanischen und südkoreanisch-russischen Beziehungen für zukünftige trilaterale Kooperation".

Zuerst beleuchtete Prof. Tetsuya Toyoda (Akita International University) den "Nordkorea-Faktor" in russisch-japanischen Beziehungen. Zwar bietet es die Gelegenheit für eine Partnerschaft zur Bewältigung Nordkoreas, jedoch ist Nordkorea auch ein erhebliches Hindernis für langfristige Institutionenbildung in der nordost-asiatischen Region.

Der zweite Beitrag stellte Prof. Richardson. Er machte einen Versuch zur Erklärung Russlands vieljähriger "Zuwendung zum Osten", in Relation zu den fernöstlichen Nachbarn und deren potenziellem Beitrag zu Infrastruktur-Entwicklung, Handel und FDI (ausländische Direktinvestitionen); bisher eine recht enttäuschende Geschichte, trotz Wachstum in Handel und Investitionen.

Prof. Artyom Lukin, Far Eastern Federal University, gab eine exzellente vergleichende Analyse der russisch-japanischen und russisch-koreanischen Beziehungen.

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Beziehungen beeinflusst von der Geschichte

Prof. Artyom Lukin (Far Eastern Federal University) verglich die russisch-japanische und russisch-koreanische Beziehungen. Er sieht das Bündnis beider Staaten mit der USA zerrüttet, beide tun sich schwer mit der chinesischen Challenge und versuchen zumindest Russland als neutralen Staat zu sichern, wenn nicht sogar als verbündeten Staat. Russland versucht wieder, seinen geopolitischen Standpunkt so teuer wie möglich zu "verkaufen". Dann vertiefte Lukin die russisch-japanische Geschichte mit zahlreichen Kriegen, und die daraus resultierenden Klagen bis heute. Erst in letzter Zeit - unter Premierminister Abe - versucht Japan den daraus erfolgten Stillstand zu überwinden, aber bis heute meist nur mit symbolischen Gesten. Im Vergleich dazu haben Russland und Korea kein solches geschichtliches Vermächtnis und sind daher freier, ihre Beziehungen zu verbessern.

Danach sprach Prof. Brown über die jüngere Geschichte von Japans und Südkoreas Beziehungen mit Russland. Während Russlands Beziehungen mit dem Westen - ins Besondere USA und GB - in den letzten Jahren immer feindlicher wurden, blieb die Beziehung mit Japan bemerkenswert entspannt.

Auf die Beiträge folgten Diskussionen von Dr. Dong-Joo Suh (INSS), Prof. Shuhei Takemoto (Akita International University) und Prof. Tolstokulakov, sowie eine Diskussion mit dem Saal.

Prof. Sergei Sevastianov (Far Eastern Federal University), Co-Direktor der Konferenz, analysierte die jüngsten Verbesserungen in russisch-japanischen Beziehungen.

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Tieferes Verständnis zwischen Putin und Abe

Die letzte Sitzung, moderiert von Dr. Bernhard Seliger (Repräsentant der Hanns-Seidel-Stiftung Korea), war "Auf der Suche nach einem neuen Ansatz für bilaterale und regionale Kooperation in Nordost-Asien".

Prof. Sevastianov, Co-Direktor der Konferenz, analysierte die jüngsten Verbesserungen in russisch-japanischen Beziehungen und deren Implikationen für russisch-koreanische bilaterale Beziehungen. Die Verbesserung der Beziehungen ist teilweise zurückzuführen auf ein tieferes Verständnis zwischen den Staatsoberhäupten Russlands und Japans - Putin und Abe - aber auch auf größere russische Erwartungen an japanische (wirtschaftliche) Beteiligung an der Entwicklung des Russischen Fernen Ostens.

Laut Prof. Sevastianov wurde das beim letzten Eastern Economic Forum sehr klar, wo der neu gewählte südkoreanische Präsident Moon Jae-In eine sehr bedeutsame Rede hielt, aber ein sehr viel weniger prominentes und einflussreiches Publikum hatte als der japanische Premierminister Abe.

Alle Teilnehmer waren sich einig, dass die Zusammenarbeit fortgeführt werden sollte.

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Überkommen historischer Ungerechtigkeiten

Danach referierte Prof. Beom-Shik Shin (Seoul National University über das Potenzial, regionale Integration in Nordost-Asien aufzubauen, mit Hilfe von mehreren trilateralen Kooperationsabkommen, die bedeutsamer als bilaterale Abkommen sind und weniger kompliziert als ganzheitliche Abkommen.

Abschließend befasste sich Prof. Seiko Mimaki (Takasaki University of Economics, Japan) mit der Problematik der geschichtlichen Vermächtnisse, die die Kooperation zwischen den Ländern in Nordost-Asien untergraben. Sie verglich, wie mit historische Vermächtnissen im europäischen und asiatischen Kontext umgegangen wurde und betonte die Notwendigkeit, dass Opfer und Täter historischer Ungerechtigkeiten die Traumata von Krieg und Ausbeutung gemeinsam zu überkommen.

Sicherlich können Konferenzen allein die dringenden Herausforderungen einer Region, die so vielfältig und explosiv ist wie Nordost-Asien, nicht lösen. Jedoch waren alle Teilnehmer sich einig, dass mehr Forschung und mehr gemeinsame, trilaterale und multilaterale Anstrengungen notwendig sind, um ein größeres Verständnis zu erreichen. In diesem Geiste sollte die Zusammenarbeit, die durch dieses Projekt und Konferenz entwickelt wurde, weitergeführt werden für ein gemeinsames Ziel und ein friedliches, blühendes, integriertes Nordost-Asien.