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Briefing
Neue Autos, mehr Licht und Elektrizität in Nordkorea

Nordkorea befindet sich in ständigem Wandel und Pjöngjang entwickelt sich in den letzten Jahren trotz schwerer Sanktionen zu einer relativ modernen Stadt, insbesondere in den Bereichen Technologie und Infrastruktur. Doch abgesehen von Pjöngjang ist ein großer Teil des Landes noch nicht so weit entwickelt und die Lebensbedingungen der Menschen sind verbesserungsfähig. Im Rahmen eines Briefings im Kensington Hotel in Yoido mit südkoreanischen Partnern informierte die HSS-Delegation über ihre Beobachtungen auf ihrer jüngsten Reise nach Nordkorea.

Teilnehmer des Briefings

HSS

Die Hanns-Seidel-Stiftung arbeitet seit vielen Jahren mit einer Vielzahl von süd- und nordkoreanischen Partnern zusammen, insbesondere in den Bereichen Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung, darunter Concern Worldwide Korea, EAAFP, Forschungseinrichtungen und Ministerien. Die meisten der südkoreanischen Partner haben außerdem ein reges Interesse an der aktuellen Situation in Nordkorea sowie an Möglichkeiten einer (besseren) Zusammenarbeit mit nordkoreanischen Organisationen. Deshalb wurde nach der Reise der HSS-Delegation nach Nordkorea Anfang des Monats am 14. November 2018 ein Briefing organisiert, um unsere südkoreanischen Partner über die neuesten Beobachtungen sowie die Erfahrungen der HSS in der Umweltzusammenarbeit mit nordkoreanischen Partnern zu informieren.

Dr. Susanne Luther (Direktorin des Instituts für Internationale Zusammenarbeit der HSS) informierte über die neuesten Entwicklungen in der DVRK

HSS

Nach einer Vorstellungsrunde eröffnete Dr. Susanne Luther, Direktorin des Instituts für Internationale Zusammenarbeit der HSS, das Briefing mit einem Bericht über ihre Reise in die DVRK, in dem sie über die fortschreitende Entwicklung in Pjöngjang informierte, die sich beispielsweise durch immer mehr Autos, Licht, Strom usw. bemerkbar macht, wenn auch weiterhin weniger als in anderen Ländern. Darüber hinaus sind immer mehr Privat- und Marktaktivitäten zu verzeichnen. Viele Menschen besitzen moderne Winterjacken, Smartphones oder sogar Elektrofahrräder, so dass im Zentrum von Pjöngjang heute fast keine Anzeichen von Armut zu sehen sind. Doch der Fortschritt in der Stadt hat in dieser Weise auf dem Land leider noch nicht stattgefunden. Obwohl die Natur und Landschaft in den ländlichen Regionen rund um Pjöngjang beeindruckend ist, gibt es noch Verbesserungsbedarf in Bezug auf die Infrastruktur und den Lebensstandard der Menschen. Die Landwirtschaft wird noch immer überwiegend von Hand betrieben und der Zugang zu Wasser oder Strom kann schwierig sein. Zwischen der Stadt Pjöngjang und den ländlichen Gebieten besteht demnach weiterhin ein deutlicher Unterschied, der zeigt, dass es den ländlichen Regionen schwer fällt, mit der schnellen Stadtentwicklung Schritt zu halten. Darüber hinaus thematisierte Dr. Luther den Konflikt zwischen der Erhaltung noch gesunder Ökosysteme und Landschaften, die aufgrund der fehlenden Entwicklung des Landes erhalten geblieben sind, und der Verbesserung der Lebensbedingungen für die auf dem Land lebenden Menschen in der DVRK.

Dr. Choi Hyun-Ah (HSS Korea) moderierte die Veranstaltung

HSS

Zur Veranschaulichung der Beobachtungen von Dr. Luther zeigte Dr. Bernhard Seliger, Repräsentant der HSF Korea, Fotos aus Nordkorea und fügte weitere Detailinformationen hinzu. Unter anderem berichtete er, dass vor vielen nordkoreanischen Städten und Landkreisen Karten für Wiederaufforstungsprojekte aufgestellt wurden und dass Nordkorea nun Wiederaufforstungspläne für die nächsten 10 Jahre erstellt hat, welche somit längerfristige Wiederaufforstungspläne sind als die vieler Industrieländer, obwohl Nordkorea auch mit vielen aktuellen Wiederaufforstungsproblemen konfrontiert ist. In Bezug auf Umweltkooperationen mit Nordkorea erklärte Dr. Seliger, dass es derzeit schwierig sein kann, mit den nordkoreanischen Grenzbezirken zusammenzuarbeiten, da in der Regel eine Genehmigung von höchster Ebene erforderlich ist, während es bedeutend einfacher ist, mit Bezirken in der Mitte des Staates zusammenzuarbeiten, die in der Regel auch offen für die Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern sind. Generell ist es zudem vorteilhafter, mit kleineren Projekten auf niedrigeren Ebenen zu beginnen und anschließend den Umfang der Projekte nach und nach zu erweitern.

Thomas Fisler (früherer Repräsentant der Swiss Development Cooperation) sprach über das Leben in Nordkorea

HSS

Noch tiefere Einblicke in das Leben in der DVRK gab Thomas Fisler, der vier Jahre lang als Repräsentant der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit (Swiss Development Cooperation) in Pjöngjang lebte. Er ging darauf ein, dass Nordkorea angesichts der Tatsache, dass 41 % der nordkoreanischen Bevölkerung, d.h. rund 10 Millionen Menschen, unterernährt sind, extrem wenig internationale humanitäre Hilfe erhält, was auch mit den verbleibenden Sanktionen zusammenhängen könnte. Herr Fisler war jedoch auch der Auffassung, dass die Sanktionen keine großen direkten Auswirkungen auf die Landbevölkerung haben. Da in Nordkorea der größte Teil der Nahrungsmittelproduktion immer noch von Hand betrieben wird, sind es die auf dem Land lebenden Menschen gewohnt, ihre Lebensmittel selbst anzubauen, ebenso wie an die harte Arbeit ohne Hilfe von außen. In Bezug auf Zusammenarbeit betonte er, dass es von entscheidender Bedeutung sei, sicherzustellen, dass Kooperationen für beide Länder von Vorteil sind, mit den nordkoreanischen Partnern auf gleicher Augenhöhe zusammenzuarbeiten und ihr Fachwissen zu respektieren, anstatt ihnen zu sagen, was sie tun sollen.

Im Anschluss an die Vorträge nahmen sich die drei Referenten Zeit, die Fragen der Teilnehmer zum Konflikt zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Umweltschutz sowie zu anderen Fragen zum Thema Umwelterhalt zu beantworten und zu diskutieren.