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Expertenseminar
Energiekooperation zwischen Nord- und Südkorea

Am 15. Dezember 2017 empfing das Korea Energy Economics Institute (KEEI) Experten und Fachleute zu einem „Expertenseminar zur Energiekooperation zwischen Nord- und Südkorea“. Das Seminar richtete sich insbesondere auf die Entwicklung und Nutzung neuer Technologien in der interkoreanischen Energiekooperation.

Joo-Heon Park, Präsident des KEEI

Unter den Teilnehmern der 15. Ausgabe war auch ein besonderer Ehrengast - Thomas Fisler, ehemaliger Leiter des Pjöngjang-Büros der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), welcher die letzten vier Jahre über in Pjöngjang gelebt und gearbeitet hatte.

Das Event began mit den einleitenden Worten von Joo-Heon Park (Präsident des KEEI), gefolgt von einer Glückwunschrede eines Delegierten des Ministeriums für Handel, Industrie und Energy. Beide begrüßten die Redner und Teilnehmer herzlich, insbesondere auch Thomas Fisler und Dr. Bernhard Seliger (Repräsentant der Hanns-Seidel-Stiftung Korea).

"Humanitäre Lage von der internationalen Gemeinschaft vergessen"

"Fast zwei Millionen Kinder und Mütter brauchen Unterstützung in ihrer Basisernährung, und fast 30% der Kinder unter fünf Jahren sind von sind von körperlichen Beeinträchtigungen betroffen. Die humanitäre Lage ist jahrelang von der internationalen Gemeinschaft vergessen", sagte Herr Fisler zu Beginn seiner Präsentation. Er betonte auch, dass über 350.000 schwangere Frauen aufgrund mangelhafter Gesundheitsversorgung dauerhaft einem erheblichen lebensbedrohenden Risiko ausgesetzt sind. Herr Fisler verwies außerdem auf die Einzigartigkeit Nordkoreas, wo außergewöhnliche Wetterzustände, wie Fluten, Dürren, Erosion und Erdrutsche, den Bewältigungsmechanismus weiter schwächen und schnell zu Katastrophen führen kann, wie bereits häufig in den letzten Jahren geschehen.

Thomas Fisler, ehemaliger DEZA-Leiter in Pjöngjang

Herr Fisler stellte anschließend den politischen Kontext dar: Trotz erheblicher Sanktionen wird Nordkorea weiterhin seine Nuklearwaffen- und Raketenprogramme betreiben. Desweiteren verfolgt die Volksrepublik zwei Hauptpolitiken, nämlich die Erhöhung des Lebensstandards der Bevölkerung und ihre Isolation von der Außenwelt. Beide Ansätze würden die Kontrolle über das Volk einfacher machen. Herr Fisler erwähnte auch, dass das Land relativ stabil ist und interne wirtschaftliche oder politische Krisen und folglich auch Aufstände wahrscheinlich nicht stattfinden werden.

 

"In zwei Welten geteilt"

Der ehemalige DEZA-Leiter beschrieb die wirtschaftliche Situation Nordkoreas als in zwei gegensätzliche Welten geteilt: Pjöngjang und das restliche Land. Da in ländlichen Regionen ein wesentlich höherer Selbstversongungsgrad herrscht, zeigen die internationalen Sanktionen hier kaum Auswirkungen. Sogar steigende Ölpreise, die sich im vergangen Jahr verdoppelten, beeinflussten kaum weitere Preise in Nordkorea. Er erwähnte auch, dass, "ohne die inoffizielle und stetig wachsende private Marktwirtschaft, die Staatswirtschaft dysfunktionell wäre".

Herr Fisler erklärte auch, dass kaum soziale Entwicklung in Nordkorea zu beobachten sei, vor allem außerhalb von Pjöngjang, da "der tägliche Kampf der Leute mit ihrem Leben in der Bevölkerung keinen sozialen Kontext erlaubt - sie befolgen schlicht die Anweisungen der Volkskomitees und der Führung". Dabei steht ihre Loyalität außer Frage, sodass keine Kritik oder Infragestellung wahrgenommen werden kann. Dennoch macht die private Marktwirtschaft rasante Fortschritte. Die Regierung kann kaum etwas dagegen unternehmen und muss es hinnehmen.

Dr. Bernhard Seliger, Repräsentant der HSS Korea

Zum größten Teil in Dunkelheit gehüllt

Im ersten Teil seiner Präsentation beschrieb Dr. Seliger die aktuelle Lage des Energiesektors in der Volksrepublik. Trotz internationaler Sanktionen ist die Energieversorgung gestiegen, jedoch noch nicht stark genug, um das gesamte Land abzudecken. Veranschaulicht wurde dies durch (Satelliten-) Fotos, die Pjöngjang hell erleuchtet zeigen, während der Rest des Landes zum größten Teil in Dunkelheit gehüllt ist. Sie deuten auch auf eine Großzahl im ganzen Land verteilter meist kleiner Wasserkraftwerke hin. Allerdings sind die Ursachen für den Anstieg der Energieversorgung nicht volständig aufgeklärt. Kohle scheint hier weiterhin eine wichtige Energiequelle zu sein. Der HSS-Repräsentant zeigte Beispiele alter Erdölanlagen, die in den 1970ern errichtet wurden und mit ost- und westdeutscher Technologie ausgestattet sind. Diese Anlagen würden ausgebaut werden, um dort in Zukunft erneut produzieren zu können.

Dr. Seliger fuhr anschließend mit dem zweiten Teil seines Vortrags fohrt, in dem er einige Möglichkeiten zur Energiekooperation aufzeigte. Er sah den Green Climate Fund als geeigneten Weg für zukünftige Kooperation, vor allem da die HSS Korea durch ihr beantragtes Programm zur Waldinventur bereits eine Grundlage für Forstprojekte geschaffen hat. Eine weitere Möglichkeit wäre die Nord-Südkooperation durch Dritte, d.h. eher kleinere Pilotprojekte, durchgeführt von Organisationen, die bereits mit dem Nord zusammenarbeiten, könnten ein erster Schritt sein und eine Kooperationsbasis schaffen. Internationale Sanktionen, wie die Aktuellen, würden solche Ansätze stark einschränken. Die letzte mögliche Kooperationsgrundlage, die Dr. Seliger vorstellte, war die Aufnahme Nordkoreas in das südkoreanische Emissionshandelsystem (engl.: Emission Trading System, ETS), was südkoreanisches Kapital freisetzen und somit auch starke finanzielle Anreize im Norden generieren würde.

Die erste Session endete mit einer Plenardiskussion und einer nachfolgenden Frage- und Antwortrunde mit tiefgreifender Diskussion zwischen Rednern und Publikum.