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Perspektiven aus Pjöngjang
Das Leben der Bevölkerung unter Sanktionen

Das 15. Tongil-Hankuk-Forum versammelte wieder einmal Experten und Fachleute in koreanischen Angelegenheiten, die ihr Wissen und ihre Erfahrungen vor breiter Öffentlichkeit teilten.

Redner und Diskussionsteilnehmer des Forums

Das Event fand am 14. Dezember 2017, von 14:30 bis 17:00 Uhr im Bright Society Club in Yulgok-ro in Seoul statt. Das Tongil-Hankuk-Forum ist eine Veranstaltung, die seit 2016 alle zwei Monate von dem Institute for Peace Affairs (IPA) und der Hanns-Seidel-Stiftung Korea (HSS Korea) organisiert wird. Unter den Teilnehmern der 15. Ausgabe war auch ein besonderer Ehrengast - Thomas Fisler, ehemaliger Leiter des Pjöngjang-Büros der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), welcher die letzten vier Jahre über in Pjöngjang gelebt und gearbeitet hatte.

Das Event began mit den einleitenden Worten von Son Jae-shik, der Chairman des Tongil-Hankook-Forums, der die Unvermeidbarkeit von Sanktionen in der aktuellen Situation und ihre vielfältigen Auswirkungen auf die nordkoreanische Gesellschaft betonte. Auf die Eröfnungsansprache folgte die Hauptdiskussion, moderiert von Kim Hong-jae, ehemaliger Leiter der Bildungsabteilung im Wiedervereinigungsministerium. Thomas Fisler hielt dabei den Hauptvortrag, in dem er über die Lage und Aufgaben humanitärer Projekte in Nordkorea am Beispiel der DEZA aufklärte.

Thomas Fisler hält den Hauptvortrag

Humanitäre Unterstützung unter Sanktionen

"Fast zwei Millionen Kinder und Mütter brauchen Unterstützung in ihrer Basisernährung, und fast 30% der Kinder unter fünf Jahren sind von sind von körperlichen Beeinträchtigungen betroffen. Die humanitäre Lage ist jahrelang von der internationalen Gemeinschaft vergessen", sagte Herr Fisler zu Beginn seiner Präsentation. Er betonte auch, dass über 350.000 schwangere Frauen aufgrund mangelhafter Gesundheitsversorgung dauerhaft einem erheblichen lebensbedrohenden Risiko ausgesetzt sind. Herr Fisler verwies außerdem auf die Einzigartigkeit Nordkoreas, wo außergewöhnliche Wetterzustände, wie Fluten, Dürren, Erosion und Erdrutsche, den Bewältigungsmechanismus weiter schwächen und schnell zu Katastrophen führen kann, wie bereits häufig in den letzten Jahren geschehen.

Herr Fisler beschrieb anschließend die humanitäre Arbeit der DEZA, die auf drei Hauptbereiche zielt: öffentliche Gesundheit (saubere Wasserversorgung, Entsorgung von Abwasser und Hygiene), Ernährungssicherung und Umweltschutz. Er betonte, humanitäre Unterstützung solle nicht von politischen Einflüssen beinträchtigt werden und Hilfe Bedürftige stets ohne Vorbedingungen erreichen. Herr Fisler hob die Wichtigkeit von Wasser in Ernährungssicherungsangelegenheiten hervor und folgerte auch, dass obwohl momentan kein Hunger in Nordkorea herrsche, die Ernährungsunsicherheit - Mangel an Vielfalt und Versorgung - ein ungelöstes humanitäres Problem in Nordkorea sei. Herr Fisler erklärte, dass sich die humanitären Hilfeleistungen in den Norden jährlich ungefähr 60 Mio US-Dollar betragen, wobei die Schweiz den zweitgrößten Spender mit jährlich ca. 10 Mio US-Dollar darstellt.

Blick ins Publikum des Forums

In der anschließenden Podiumsdiskussion sprach Hwang Namhui, Senior Research Fellow am Korea Institute for Health and Social Affairs, über die fortwährenden Sanktionen und ihrer Auswirkung auf die nordkoreanische Gesellschaft. Sie präsentierte neueste urbane und wirtschaftliche Entwicklungen in Nordkorea und erwähnte wesentliche Faktoren, die Einfluss auf die Erhöhung des Lebensstandards nehmen. Son Jong-do, ein Abteilungsleiter im Korean Sharing Movement, bezog sich auf die Nahrungsmittelunsicherheit, als er die Elastizität von Marktpreisen für Reis unter den Sanktionen erklärte. Er stellte klar, dass es schwierig ist, die direkte Beziehung zwischen Sanktionen und Marktpreisen, da sich mehrere Faktoren auf die Marktsituation auswirken. So beeinflussen beispielsweise Wetterverhältnisse Ernten und die Lebensmittelversorgung.

Auf die Podiumsdiskussion folgte eine Fragerunde mit einer tiefgreifenden Diskussion zwischen den Podiumsrednern und dem Publikum. Bernhard Seliger, Repräsentant der HSS Korea, rundete die Veranstaltung mit seinem Schlusswort ab. Mehr als 50 Akademiker, Politiker, Diplomaten, Fachleute und Studenten nahmen am Event teil.